Der neue Insektenatlas 2020, der kürzlich von Global 2000, der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Naturschutzbund Österreich veröffentlicht wurde, gibt einen guten Überblick über die Welt der Insekten und ihre missliche Lage.

Wertvolle Vielfalt

biene kleinInsekten sind mit geschätzten 5,5 Milliarden Arten die mit Abstand artenreichste Tiergruppe auf unserem Planeten. Sie sind fast überall auf der Welt zu Hause und unverzichtbar für die Ökosysteme: Insekten sind eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Tiere, bauen organisches Material ab, verbessern die Qualität von Böden, reinigen Gewässer und bestäuben Pflanzen. Eine einzige Hummel kann an einem Tag bis zu 3.800 Blüten bestäuben. 

Nützlinge und Schädlinge

Wer bei Insekten nur an Ungeziefer denkt und sich über Gelsen und Kartoffelkäfer beschwert, hat nicht verstanden, worum es geht. Ohne Insekten würden Ökosysteme und Stoffkreisläufe zusammenbrechen.

Zu den Insekten gehören natürlich zahlreiche Schädlinge, aber auch Nützlinge, die den Schädlingen zu Leibe rücken. Die Gestaltung der landwirtschaftlichen Flächen beeinflusst das Vorkommen der kleinen Tiere: großflächige Monokulturen ohne Strukturen oder Fruchtfolge fördern Schädlinge, während kleine strukturreiche Felder mit Ackerrainen und abwechslungsreichem Anbau das Vorkommen von Nützlingen unterstützen.

Die übliche Antwort auf Schädlinge ist allerdings keine Änderung der Bewirtschaftung, sondern der Einsatz von Pestiziden. Weltweit werden immer mehr Wirkstoffe in immer größeren Mengen ausgebracht - sehr zum Leidwesen aller Insekten, auch der Nützlinge.

Ist das große Krabbeln bald Geschichte?

Insektenatlas 2020 kleinGrund für das Insektensterben ist neben dem Einsatz von Pestiziden auch der Verlust von Lebensräumen. Die weltweite Massentierhaltung zur Fleischproduktion nimmt zu und mit ihr auch die Produktion von Futtermitteln. In Brasilien, Argentinien und den USA werden Grünland und Wald erschlossen um Soja herzustellen. Diese riesigen Flächen, die in den artenreichsten Regionen der Erde liegen und Lebensräume für unzählige Insekten waren, werden zu Monokulturen.

Neben der abnehmenden Vielfalt ist aber vor allem der Rückgang an Biomasse, also die immer kleiner werdenden Anzahl an herumkrabbelnden und -fliegenden Tieren, besorgniserregend. Auch wenn die Datenlage in Österreich lückenhaft ist und Langzeitstudien fehlen, ist davon auszugehen, dass auch bei uns, ähnlich wie in Deutschland, die Biomasse der Insekten seit den 1990-er Jahren um 75 % abgenommen hat.

Obwohl das Insektensterben wissenschaftlich belegt ist und die weitreichenden Folgen bekannt sind, werden weltweit nur zögerlich verbindliche Maßnahmen zum Insektenschutz gesetzt und insektenfreundliche Bewirtschaftung wird nicht ausreichend gefördert.

Artenreiches Wien

Aufgrund der vielen verschiedenen Lebensräume, wie Wiesen, Wälder und Gärten beherbergt die Stadt Wien eine relativ große Insektenvielfalt. Wir können stolz darauf sein, dass bereits über 2.500 Schmetterlings-, über 450 Wildbienen- und über 140 Bockkäferarten im Stadtgebiet gefunden wurden.

Doch auch diese Vielfalt ist bedroht, die Anzahl der Individuen der einzelnen Arten sinkt: Versiegelung und die Abnahme an abwechslungsreichen, extensiv gepflegten Grünflächen (Blumenwiesen) gefährden den Insektenbestand. Intensive Landwirtschaft mit dem Einsatz von Pestiziden und dem „Ausräumen“ der Landschaft sowie die häufige Entfernung von alten Bäumen setzen den Insekten zu. Durch diese Eingriffe gehen Lebensräume von Insekten verloren, die Lichtverschmutzung trägt zu weiteren Verlusten bei. Deshalb hat die Stadt Wien viele Initiativen – einige gemeinsam mit der WUA – gesetzt, die dieser negativen Entwicklung entgegenwirken.

Wichtig ist es auch selbst aktiv zu werden und zum Schutz der kleinen, nützlichen Tiere beizutragen: Im Garten oder am Balkon heimische Blumen anpflanzen, Insektenhotels anbieten, auf Pestizide verzichten, Bio-Produkte kaufen, weniger Fleisch konsumieren, die Lichtverschmutzung reduzieren, usw. - es gibt viele einfache Maßnahmen, die jede/jeder einzelne umsetzen kann um einen kleinen Beitrag zum Schutz der Insekten zu leisten.

Mehr Informationen:

Insektenatlas 2020, Global 2000, Heinrich-Böll-Stiftung ,Naturschutzbund Österreich
Broschüre "Natur ist genau meins. Tipps für meine persönliche Grünoase", Wiener Umweltanwaltschaft

© Foto Biene: Iris Tichelmann

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