Am 26. April jährt sich zum 37. Mal die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl. Die Auswirkungen des fatalen Unfalls mit der Bewertung INES 7 sind heute in weiten Teilen Europas noch zu spüren. Umso unverantwortlicher ist, dass es im Ukrainekrieg nach wie vor nicht möglich war, AKW von den Kampfhandlungen komplett auszuschließen. Die Besetzung des AKW Saporischschja ist beispiellos in der Geschichte der Kernkraft. 

Beschädigung der Stromversorgung bedingt Notkühlmodus in Saporischschja

Auch wenn in den vergangenen Monaten keine direkten Kampfhandlungen mehr am Kernkraftstandort Saporischschja stattfanden, wurde das AKW indirekt durch die Beschädigung der Stromversorgung erheblichen Risiken ausgesetzt. Insgesamt wurde sechs Mal die Hauptstromversorgung des Kraftwerks unterbunden. Als Reaktion war es notwendig, dass Dieselgeneratoren eingesetzt wurden, um die Notkühlung des AKWs zu gewährleisten und eine mögliche Kernschmelze zu verhindern.

Unfallgefahr durch Überalterung von AKW in der EU steigt

Auch abseits von kriegerischen Handlungen ist es wichtig, die Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerken nicht außer Acht zu lassen. Die ursprüngliche Laufzeit für die meisten AKW ist in der Regel für 30 bis 40 Jahre konzipiert. Allerdings wurden nur fünf der rund 140 Reaktoren in Europa nach dem Jahr 2000 fertiggestellt. Über 80 % der europäischen Reaktoren sind bereits über 30 Jahre in Betrieb – einige Reaktoren laufen schon länger als 40 oder 50 Jahre. Für viele Reaktoren wird daher eine Laufzeitverlängerung beantragt. Allerdings muss beachtet werden, dass mit dem Alter eines Kernkraftwerkes der Verschleiß und die Unfallwahrscheinlichkeit steigen. Außerdem entsprechen viele alte AKW nicht mehr den aktuellen Sicherheitsstandards, da nicht alle modernen Sicherheitssysteme nachgerüstet werden können.

Lizenz von alterndem Kernkraftwerk in Ungarn soll auf 70 Jahre erhöht werden

Ungarn betreibt am Kernkraftstandort Paks vier alte sowjetische VVER-440 Reaktoren (440 Megawatt elektrische Leistung). Diese Reaktorsysteme wurden zu einer Zeit gebaut, wo es nicht möglich war, ein Stahlbetoncontainment oder einen Core Catcher zu implementieren – zwei der wichtigsten Sicherheitssysteme gegen schwere Unfälle. Dennoch wurde die Laufzeit der Reaktoren 2014 bereits auf 50 Jahre erweitert und soll nun ein weiteres Mal auf insgesamt 70 Jahre verlängert werden.

Zusätzlich kommt erschwerend hinzu, dass sich das Kernkraftwerk in einer aktiven Erdbebenzone befindet. Die Wiener Umweltanwaltschaft wird diese Bestrebungen sehr genau beobachten und die Einhaltung der höchsten Sicherheitsstandards sowie die Durchführung unabhängiger Gutachten einfordern.

Quelle: https://www.inrag.org/risks-of-lifetime-extension-of-old-nuclear-power-plants-download 

37 Jahre Tschernobyl – Stadt Wien fordert Sicherheitszone um ukrainische Reaktoren, Rathauskorrespondenz vom 25. April 2023

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