Im Mai 2008 veranstaltete die Wiener Umweltanwaltschaft gemeinsam mit der Arbeiterkammer und dem ÖKOBÜRO eine Tagung zur Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie in Österreich. Zu dieser Veranstaltung waren Vertreter des Umweltbundesamtes, des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, der Lärmkontor GmbH aus Hamburg und des Schweizer Bundesamtes für Umwelt geladen.
Die Vorträge konzentrierten sich auf die Umsetzung der Richtlinie in Österreich und anderen EU-Mitgliedsstaaten (vor allem Deutschland). In Österreich wird die Ausarbeitung der Lärmkarten und Aktionspläne durch die Zuständigkeiten von 3 Bundesministern und 9 Landeshauptleuten erschwert und dadurch voraussichtlich erheblich verzögert. Auch die Einbindung und Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Erstellung der Aktionspläne wurde erörtert und die Frage gestellt, ob es ein „Recht auf Lärmschutz“ gibt. Die Nützlichkeit der strategischen Lärmkarten als Information über gegenwärtige Lärmbelastungen wurde von allen Beteiligten außer Frage gestellt. Es bleibt allerdings offen, ob und wie die in den Aktionsplänen enthaltenen Maßnahmenkataloge durchgesetzt werden können.
Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie – rechtliche Rahmenbedingungen (187-KB-PDF)
Zusammenfassung der Tagung
Mit dem Bundes-Umgebungslärmschutz wurde ein wichtiger Schritt gesetzt, Lärmbelastungen zu vermindern. Durch die Erfassung von Umgebungslärm nach einheitlichen Kriterien wird eine bisher nicht vorhandene Informationsquelle geschaffen, die darüber Aufschluss geben wird, wie viel Menschen wo und wodurch belastet sind.
Es wurde festgestellt, dass die Lärmkarten eine fachliche Grundlage für die örtliche und überörtliche Raumplanung der Länder darstellen sollte. Im Bezug auf Wien sollten diese Lärmkarten darüber hinaus auch im Rahmen der laufenden und zukünftigen Verkehrs- und Stadtplanung Berücksichtigung finden und sind auch für Flächenwidmungsverfahren als Beurteilungsgrundlage heranzuziehen.
Aus Sicht der WUA wurden auf der Tagung trotz dieses positiven Ansatzes eine Reihe berechtigter Kritikpunkte an der österreichischen Lärmgesetzgebung geübt:
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Die in den zu erarbeitenden Aktionsplänen vorzuschlagenden Maßnahmen begründen keine subjektiv-öffentlichen Rechte. Das bedeutet, dass diese Maßnahmen von den Betroffenen nicht „einklagbar“ sein werden. Von einem „Recht auf Lärmschutz“ kann zum jetzigen Zeitpunkt also noch nicht gesprochen werden.
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Die Aufsplitterung der Lärmschutzrechtsmaterie in Bundes- und verschiedene landesgesetzliche Regelungen - und die damit unterschiedlichen Kompetenzen - erschweren einen einheitlichen Vollzug.
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Die fehlende verbindliche Planungskoordination zwischen Raumordnung der Länder und der Verkehrsplanung des Bundes erschweren eine effektive und wirkungsvolle Umsetzung von Aktionsplänen, deren Maßnahmen als Querschnittsmaterie sowohl die Raumordnung als auch die Verkehrsplanung und Verkehrsorganisation betreffen.
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Eine Beteiligung der Öffentlichkeit an der Erstellung von Aktionsplänen gibt es praktisch nicht und ist offenbar seitens der zuständigen Behörden unerwünscht. Die Öffentlichkeitsbeteiligung reduziert sich auf das gesetzliche Mindestmaß einer Informationspflicht.
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Zwar gibt es Schwellenwerte, ab deren Überschreitung Lärmminderungsmaßnahmen zu setzen sind, aber in den einzelnen Materiengesetzen fehlen verbindliche Grenzwerte. Darüber hinaus sind die bestehenden Schwellenwerte für Fluglärm, entgegen aller umwelthygienischen Erkenntnisse der Lärmforschung, viel zu hoch angesetzt. Auch die Berücksichtigung eines Schienenbonus bei der Festlegung des Schwellenwertes für Schienenlärm ist nicht mehr zeitgemäß.
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Da Aktionspläne im rechtlichen Sinn nicht verbindlich sind, können Lärmsanierungen im Bestand auch nicht verordnet werden und sind prinzipiell nur auf freiwilliger Basis (Selbstbindung) umzusetzen.